‚Afrika geht online‘ ist besser als ‚Afrika geht auf All Inclusive Reise‘.
‚Afrika geht online‘ schreibt die Süddeutsche Zeitung heute in einem immerhin ganzseitigen Artikel. Ich denke sofort an http://de.wikipedia.org/wiki/OLPC_XO-1 und freue mich. Es geht zwar in dem Artikel hauptsächlich ’nur‘ um Internet und Bloggen und das Ende der schreibtechnischen Fremdherrschaft. Ist aber auch gut.
Ist viel besser als das erste Geschenk von Nordmenschen: All-Inclusive Reisen mit Langzeitaufenthalt in einem exotischen fernen Land (‚der Wahl‘ wäre übertrieben). Eine Buchung war nicht nötig. Der Reisetermin ähnelte Last-Minute-Reisen: Schnell mit dem Nötigsten zum Schiff. Das Ticket war one-way. Die Integration bei den ‚Gastfamilien‘ war in gewisser Hinsicht vollständig. Auch rudimentärer Sprachunterricht war im Programm. Das Wort ‚Master‘ spielte darin eine wichtige Rolle. Lange vor Bologna.
Dann kam auch noch Gott über sie. Unser Gott. Der einzig Wahre von all den einzig wahren Göttern. Manchmal waren diese Märchen ihr einziger Trost – Trostlos.
Vielleicht war das Ganze in Wirklichkeit ein Feld-Versuch mit Kontrollgruppe. So wie im Anhalter von Douglas Adams. Welche Gruppe entwickelt sich besser? Die Seßhaften oder die Reisenden? Das Ergebnis ist klar: Die Gereisten haben es weiter gebracht. Konnten ihren Horizont deutlich erweitern. Haben Sprachen gelernt und konnten sich intensiv in die Mentalität ihrer Gastgeber einfühlen.
Dann allerdings wurde leider der Versuchsaufbau verwässert. Wir kamen zu ihnen nach Hause. Da konnten dann auch die Zurückgebliebenen unsere Sprachen lernen, uns gut kennenlernen und natürlich hatten wir auch unseren Gott dabei. Der hat ihnen beigebracht, dass all die subjektiv erlebten kognitiven Dissonanzen um unseren Besuch in Wirklichkeit Teil seines Vesuchsprogrammes wären und sich nach dem Tod alles bessern und aufklären würde und einen Sinn bekäme.
Beide Gruppen wurden also (zuerst) verchristet (danke, Gerhard Polt, für diese geniale Wort). Das wird sie noch lange am Denken hindern. Zur Verwirrung hat später beigetragen ein zweiter Gott aus dem Nord-Osten. Der ein ganz anderer sein soll. Mit ganz anderen Märchen. Jedenfalls der einzige wieder. Sagen jedenfalls dessen Gläubige zu den Ungläubigen. Auch wenn er dem ersten ähnlich ist wie Dolly das Clon-Schaf Dolly dem Ur-Schaf. Leider kenne ich kein ähnlich schönes Wort für die Beglückung mit dem anderen einzig wahren Gott.
Später brachten wir Medikamente, aber unser alter Vize-Gott in Rom sagt(e): Kondome: nein! Also wurden sie schnell mehr. Gloria in Regensburg weiß warum und wie.
Seitdem haben sie manchmal wenig zu essen. Wenn dann arg viele sterben weil sie kein Geld haben weil wir ihnen lieber wenig bezahlen für ihre Lieferungen an uns, dann schicken wir medienwirksam Überschußweizen. Und Waffen. Weil sie streiten. Nicht nur ums Essen, sogar um Wasser. Und um Götter. Weil es ja jetzt mindestens zwei sind, die nur die einzigen sein können (Es kann nur einen geben!) und wo man die staubigen Brüder, die an den falschen glauben, sinnvollerweise umbringt.
Mittlerweile bringen wir ihnen sogar echten Müll. Alte Handys mit denen wir gar nichts mehr machen können, nicht mal nur sprechen. Die dürfen sie dann zerlegen und uns die wertvollen Stoffe wieder billiger geben als wenn wir sie von ihnen noch gefährlicher aus ihrem eigenen Boden buddeln lassen. Jammern brauchen sie nicht, früher haben sie gleich gar nichts bekommen. Da waren wir uns noch einig mit unserem Gott, wer wem untertan sei und warum es unterschiedlich wertvolle Arten von Menschen gibt. Solche mit dem Paradies ausschließlich jenseits und solche mit dem Paradies ein bisschen auch diesseits. Mittlerweile müssen wir um unsere modernen, gottlos gut gemachten Ideen wie Menschenrechte und Gleichheit recht kompliziert mit Finanzen und Wirtschaft rumtricksen um zu erklären, warum sie eben besser wenig bekommen: Wegen dem Wachstum. Unser aktuellster Gott. Vielleicht wirklich bald der einzige.
Was wohl unser Entwicklungshilfeminister aus Afrika unverzollt mitbringen wird demnächst?
Einen http://de.wikipedia.org/wiki/OLPC_XO-1 vielleicht. Der ist nämlich zusammen mit Internet und hoffentlich unbeschränktem Zugang zum ‚Weltwissen‘ nun wirklich die erste gute Tat und eine reale Chance sich freizudenken. Es bleibt schwierig genug für die Afrikaner, sich hochzuleben.
Danke SZ für diese lesenswerte Seite!
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